Ich reise gerne, ich bin begeisterter Schachspieler und ich bin blind. So habe ich beim „Schachurlaub in Prag“ 2009 die Reiseleiterin Jindra Kollerova zum ersten Mal getroffen. Mit meinem „Nicht-Sehen“ gehe ich offen um und lernte Jindra als sehr zugewandte und insbesondere auch für blindheitsbedingte Bedürfnisse stets aufmerksame Organisatorin kennen.
Und so kam es, dass ich seit 2010 mittlerweile drei Mal jeweils eine Woche lang mit Jindra in Tschechien unterwegs gewesen bin – jedes Mal in einer Gruppe von Blinden, Sehbehinderten und ihren Freunden, die aus insgesamt bis zu 15 Personen bestand. Da die Mitreisenden aus so ziemlich allen Gegenden Deutschlands kamen, begann und endete unsere gemeinsame Reise immer in Prag, wo wir von Jindra und ihrem Busfahrer stets vom (Bus-)Bahnhof bzw. vom Flughafen abgeholt und wohin wir nach einer Woche wieder zurückgebracht wurden.
Einmal von Jindra in Empfang genommen, haben wir uns um nichts mehr zu kümmern – Gepäck in den Bus, einsteigen und los geht‘s! Das Reiseprogramm haben wir schon im Vorhinein per Mail erhalten, jetzt im Bus – auf dem Weg zum ersten von maximal zwei Hotels – bekommen wir die allgemeinen Informationen zu den Dingen vor Ort und Details für den folgenden Tag erläutert.
Natürlich kennt Jindra Land und Leute und auf keiner Busfahrt kommt Langeweile auf; wir erfahren Fakten und Hintergründe – über die Umgebung, Kultur, Gesellschaft, Geschichte und vieles mehr!
Sogar spontane Wünsche aus der Gruppe werden noch ins Programm aufgenommen, wenn es möglich ist. Aber auch bei allem anderen können wir uns stets auf Jindra verlassen – Essen und Trinken, Musik, Schlösser, Sehenswürdigkeiten und auch schöne Landschaft – nichts kommt zu kurz. Jindra ist für uns nicht nur Reiseleiterin und Übersetzerin, sie kümmert sich auch um die vielen kleinen Details, was besonders für Menschen mit Handicap nun wirklich nicht unwichtig ist.
Und manchmal sind es Kleinigkeiten, die sich als Höhepunkte herausstellen: neben so manchem Kulturerbe haben wir auch den kleinsten Bahnhof Europas gesehen, und einem hochgradig sehbehinderten Kirchenmusiker hat Jindra es ermöglicht, auf der größten Prager Kirchenorgel spielen zu können – was für eine tolle Überraschung für unsere ganze Reisegruppe!
Aber noch etwas ist wichtig insbesondere für Menschen, die nicht viel oder auch gar nichts mehr sehen – es sind immer Reisen, die alle Sinne ansprechen: Hören, schmecken, riechen und tasten. Ich werde immer wieder gerne mit Jindra Kollerova unterwegs sein!
Gert Schulz